Kolumbien / Umwelt

UN-Gipfel zur Biodiversität in Kolumbien: "Frieden mit der Natur"

Biodiversitätskonferenz 2024 der Vereinten Nationen wird in Cali stattfinden. Umwelt- und Klimabewegung kritisiert mangelnde Möglichkeiten der Partizipation

Cali. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat Cali zum Sitz der 16. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt ernannt. Die Entscheidung wurde mit großem Beifall sowohl in den Vereinten Nationen als auch im Kongress des Landes und in der Bevölkerung der tropischen Stadt aufgenommen.

Cali ist die Hauptstadt der Pazifikregion, wo es mehr als 200 Schutzgebiete gibt, elf Nationalparks, die 51.388 Quadratkilometer biologische Vielfalt ausmachen und Lebensraum für 1297 Tier- und 14.000 Pflanzenarten bieten.

Das Kreativteam des Umweltministeriums hat ein Logo in Anlehnung an die in den entlegenen Mavecure-Bergen endemische Inírida-Blume entworfen. Darin spiegeln sich laut Umweltministerin Susana Muhamad die Darstellung von Flora und Fauna sowie die Bedeutung der Sonne in der indigenen Kosmogonie und die Piktogramme des Chiribiquete-Gebirges. Die 36 bunten Blütenblätter symbolisieren die 23 Biodiversitätsziele der Vereinten Nationen und die 13 Schutzregionen Kolumbiens.

Zudem soll die Blume einen Akt des Friedens, der Versöhnung, der Emotionen und der Freude vermitteln. "Mit diesem Bild übermitteln wir den Menschen, die unser Land zur COP16 besuchen, eine einzigartige Botschaft", sagte die Ministerin: "Aber es bringt auch die Kolumbianer zusammen, denn die COP16 gehört den Menschen".

So symbolisch aufgeladen das Logo, so werden auch die Erwartungen im Zusammenhang mit dem Gipfeltreffen geschürt. Laut kolumbianischen Medien und offiziellen Angaben werden mindestens 12.000 Menschen erwartet. Dieser Gipfel ist ein großes Versprechen für den Tourismus, den lokalen Handel, die Gastronomie und viele Menschen in Cali und der Region erhoffen sich Jobs und Geld aus Fördermitteln.

Zudem wird das Ereignis politisch zur "Nationenbildung" genutzt. Präsident Petro sagte in der Pressekonferenz zur Ernennung Calis: "Dies ist ein Ereignis, das uns als Nation vereint und der Welt die biologische Vielfalt und die kulturelle Kraft Kolumbiens zeigt." Diesen Ton stimmte auch Außenminister Luis Gilberto Murillo an: "Nie zuvor waren so viele Staatsoberhäupter, Außenminister, Umweltminister, aber auch Vertreter der Gemeinschaften anwesend, denn dies wird die COP der Menschen, der Basis.“ Weiter führte er aus: "Es ist aber auch die COP, die das Land vereint. Dies ist ein nationales Ereignis."

Bezüglich der Teilnahme von Afro-, Raizal-, Palenquero- und indigenen Gemeinschaften des Landes an der COP16 informiert das Ministerium für Umwelt und nachhaltige Entwicklung, dass "die COP16 in Kolumbien der Gipfel aller Gemeinschaften des Landes sein wird". Dazu wurden bereits im März Treffen mit der Bevölkerung einberaumt, allerdings wurden aus der Umwelt- und Klimabewegung Beschwerden laut, dass diese bisher keine wirkliche Partizipation ermöglichten.

Wie weltweit wird nun auch in Kolumbien immer mehr Kritik an dieser Konferenz laut. Zum einen wird diskutiert, dass die im Rahmen der COP getroffenen Vereinbarungen und Verpflichtungen nicht erfüllt oder nicht eingehalten werden. Es gibt sogar immer mehr Stimmen, die die Kohärenz dieser Veranstaltungen kritisieren. So schreibt Andrés Santiago Arroyave, Umweltaktivist, in einem Beitrag in La Silla Vacia, dass die letzte COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten, einem der größten Erdölproduzenten der Welt, stattfand. Er erinnert auch daran, dass auf der COP27 die Coca-Cola Company offizieller Sponsor war, der weltweit größte Plastikproduzent und Hauptverschmutzer der Meere und Ozeane.

Auf den ersten basisorganisierten Treffen von Umweltschutzorganisationen in Cali und der Pazifikregion melden sich ebenfalls immer mehr kritische Stimmen zu Wort: Cali und das Departamento Valle de Cauca sind fest in der Hand vom Zuckkerrohranbau, dem größten Zerstörer von Biodiversität der Region. In Kolumbien werden noch heute die Zuckkerrohrfelder am Tag vor der Ernte angezündet, was die Arbeit der Erntehelfer erleichtert. Die Brandasche allerdings wirbelt über ganze Landstriche und rieselt kilometerweit herunter. Die Feinstaubbelastung sorgt für dramatische Zahlen von Lungenerkrankungen.

Das Verbrennen ist in vielen Ländern schon seit Jahren verboten. Die Biomasse aus Unkraut und feuchten Blättern wird beim Verbrennen zerstört und kann nicht zur Energiegewinnung oder anderem genutzt werden.

Die Familie des amtierenden Bürgermeisters von Cali und damit Gastgeber der COP16, Alejandro Eder, ist Gründerin und Besitzerin eines der größten Zuckkerrohrbetriebs Ingenios Manuelita S.A..

Zudem wird die Kritik an einer Militätbasis der USA auf der Gorgona-Insel wieder laut. Kolumbien will den USA erlauben, einen Marinestützpunkt zu bauen, der die Wanderschaft der Buckelwale massiv stören würde. Diese Debatte ist nur eine der vielen Auseinandersetzungen am Pazifik, einer der artenreichsten aber auch vernachlässigsten, ärmsten und am stärksten vom bewaffneten Konflikt heimgesuchten Regionen des Landes.

Nicht zuletzt ist Kolumbien immer noch eines der gefährlichsten Länder der Welt für Umwelt- und Klimaaktivisten. Trotz der neuen Regierung unter Präsident Petro und der Afro- und Umweltaktivistin Francia Marquéz als Vizepräsidentin gehen die Fortschritte nur langsam voran.

Das Gipfeltreffen wird vom 21. Oktober bis zum 1. November 2024 stattfinden.